Maria.
So schenke mir die ew’ge Gnade Sieg
Im letzten Kampf, als ich dir wissend nichts verschwieg.
Melvil.
Wie? deinem Gott verhehlst du das Verbrechen,
Um dessentwillen dich die Menschen strafen?
Du sagst mir nichts von deinem blut’gen Anteil
An Babingtons und Parrys Hochverrat?
Den zeitlichen Tod stirbst du für diese Tat,
Willst du auch noch den ew’gen dafür sterben?
Maria.
Ich bin bereit, zur Ewigkeit zu gehn;
Noch eh‘ sich der Minutenzeiger wendet,
Werd ich vor meines Richters Throne stehn,
Doch wiederhol ich’s: meine Beichte ist vollendet.
Melvil.
Erwäg es wohl. Das Herz ist ein Betrüger.
Du hast vielleicht mit list’gem Doppelsinn
Das Wort vermieden, das dich schuldig macht,
Obgleich der Wille das Verbrechen teilte.
Doch wisse, keine Gaukelkunst berückt
Das Flammenauge, das ins Innre blickt!
Maria.
Ich habe alle Fürsten aufgeboten,
Mich aus unwürd’gen Banden zu befrein,
Doch nie hab ich durch Vorsatz oder Tat
Das Leben meiner Feindin angetastet!
Melvil.
So hätten deine Schreiber falsch gezeugt?
Maria.
Wie ich gesagt, so ist’s. Was jene zeugten,
Das richte Gott!
Melvil.
So steigst du, überzeugt
Von deiner Unschuld, auf das Blutgerüste?
Maria.
Gott würdigt mich, durch diesen unverdienten Tod
Die frühe schwere Blutschuld abzubüßen.
Melvil (macht den Segen über sie).
So gehe hin und sterbend büße sie!
Sink, ein ergebnes Opfer, am Altare –
Blut kann versöhnen, was das Blut verbrach;
Du fehltest nur aus weiblichem Gebrechen,
Dem sel’gen Geiste folgen nicht die Schwächen
Der Sterblichkeit in die Verklärung nach.
Ich aber künde dir, kraft der Gewalt,
Die mir verliehen ist, zu lösen und zu binden,
Erlassung an von allen deinen Sünden!
Wie du geglaubet, so geschehe dir!
(Er reicht ihr die Hostie.)
Nimm hin den Leib, er ist für dich geopfert!
(Er ergreift den Kelch, der auf dem Tische steht, konsekriert ihn mit stillem Gebet, dann reicht er ihr denselben. Sie zögert, ihn anzunehmen, und weist ihn mit der Hand zurück.)
Nimm hin das Blut, es ist für dich vergossen!
Nimm hin! Der Papst erzeigt dir diese Gunst!
Im Tode noch sollst du das höchste Recht
Der Könige, das priesterliche, üben!
(Sie empfängt den Kelch.)
Und wie du jetzt dich in dem ird’schen Leib
Geheimnisvoll mit deinem Gott verbunden,
So wirst du dort in seinem Freudenreich,
Wo keine Schuld mehr sein wird und kein Weinen,
Ein schön verklärter Engel, dich
Auf ewig mit dem Göttlichen vereinen.
(Er setzt den Kelch nieder. Auf ein Geräusch, das gehört wird, bedeckt er sich das Haupt und geht an die Türe; Maria bleibt in stiller Andacht auf den Knien liegen.)
Melvil (zurückkommend).
Dir bleibt ein harter Kampf noch zu bestehn.
Fühlst du dich stark genug, um jede Regung
Der Bitterkeit, des Hasses zu besiegen?
Maria.
Ich fürchte keinen Rückfall. Meinen Haß
Und meine Liebe hab ich Gott geopfert.
Melvil.
Nun so bereite dich, die Lords von Leicester
Und Burleigh zu empfangen. Sie sind da.