HomeText: Wilhelm Tell3. AktWilhelm Tell – Text: 3. Aufzug, 3. Szene

Wilhelm Tell – Text: 3. Aufzug, 3. Szene

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Tell:
So ist’s, und die Lawinen hätten längst
Den Flecken Altdorf unter ihrer Last
Verschüttet, wenn der Wald dort oben nicht
Als eine Landwehr sich dagegenstellte.

Walther nach einigem Besinnen:
Gibt’s Länder, Vater, wo nicht Berge sind?

Tell:
Wenn man hinuntersteigt von unsern Höhen,
Und immer tiefer steigt, den Strömen nach,
Gelangt man in ein grosses ebnes Land,
Wo die Waldwasser nicht mehr brausend schäumen,
Die Flüsse ruhig und gemächlich ziehn,
Da sieht man frei nach allen Himmelsräumen,
Das Korn wächst dort in langen schönen Auen,
Und wie ein Garten ist das Land zu schauen.

Walther:
Ei Vater, warum steigen wir denn nicht
Geschwind hinab in dieses schöne Land,
Statt dass wir uns hier ängstigen und plagen?

Tell:
Das Land ist schön und gütig wie der Himmel,
Doch die’s bebauen, sie geniessen nicht
Den Segen, den sie pflanzen.

Walther:
Wohnen sie
Nicht frei wie du auf ihrem eignen Erbe?

Tell:
Das Feld gehört dem Bischof und dem König.

Walther:
So dürfen sie doch frei in Wäldern jagen?

Tell:
Dem Herrn gehört das Wild und das Gefieder.

Walther:
Sie dürfen doch frei fischen in dem Strom?

Tell:
Der Strom, das Meer, das Salz gehört dem König.

Walther:
Wer ist der König denn, den alle fürchten?

Tell:
Es ist der eine, der sie schützt und nährt.

Walther:
Sie können sich nicht mutig selbst beschützen?

Tell:
Dort darf der Nachbar nicht dem Nachbar trauen.

Walther:
Vater, es wird mir eng im weiten Land,
Da wohn ich lieber unter den Lawinen.

Tell:
Ja wohl ist’s besser, Kind, die Gletscherberge
Im Rücken zu haben, als die bösen Menschen.

Sie wollen vorübergehen.

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