HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 23. April 1794

Schiller an Gottfried Körner, 23. April 1794

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Stuttgardt den 23. April [Mittwoch] 94.

Jetzt noch einige Wochen Geduld mit mir, lieber Körner, dann soll mit meiner häußlichen Existenz auch unser schriftlicher Commerz wieder in seine Ordnung kommen. Binnen 6 oder 7 Tagen, wenn nichts dazwischen kommt, reise ich von hier ab und hoffe Dir vom 8 oder 10 May aus Jena Nachricht geben zu können. Herzlich sehne ich mich nach einer ruhigen und gleichförmigen Lebensart und dieser Wunsch ist so mächtig, daß ich mein Vaterland mit erleichtertem Herzen verlassen werde. Die meinigen auf der Solitude sind wohl, und ich habe Hofnung, sie alle wieder zu sehen. Mit mir selbst ist es dieses Frühjahr besser gegangen, als im vorigen, wozu freilich die ganz beyspielloß angenehme Witterung vieles beytragen mag. Seit 4 Wochen blühen hier schon die Bäume, und ich genieße aus meinem Gartenhauß, das ich bewohne, den ganzen Einfluß des wieder auflebenden Jahrs. Meine Frau und der Kleine sind wohl auf; nur fürchte ich einige Unbequemlichkeiten auf der Reise von wegen des Zahnens, das ziemlich stark ansetzt. Deinem Besuch in Jena sehe ich mit wahrer Kinderfreude entgegen. Richte es nur so ein, daß Du hier auch warm werden und wenigstens 14 Tage bleiben kannst. Du kannst bey mir wohnen, denn ich beziehe jetzt ein ander Logis, wo viel Raum ist.

Meine Büste von Danecker wird ganz vortrefflich; nur Schade, daß ich sie nicht früher habe anfangen lassen; denn nun kann sie vor meiner Abreise nicht fertig seyn. Gegen Anfang des Julius aber werden wir sie haben können, und dann sollst Du Dir Deinen Abguß bei mir abhohlen.

Lebe wohl und sage den Frauen tausend Grüße von uns.

Dein Sch.