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Schiller an August Iffland, 12. Juli 1803

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Lauchstädt, d. 12. July [Dienstag] 1803.

Der Succeß der Braut von Messina auf dem Berliner Theater hat mich aufs angenehmste überrascht; es ist Ihr Triumph, nicht meiner, denn alles was ich von Augenzeugen schriftlich sowohl als mündlich darüber vernommen, kommt darauf hinaus, daß der Vortrag des Chors meistermäßig angeordnet gewesen, und in der ganzen Darstellung überhaupt die größte Würde und Bedeutsamkeit beobachtet worden sey. Wenn Ihnen dieser Erfolg Lust und Neigung zu der alten Tragödie und zu einem neuen Versuch mit dem Chor erregen konnte, so wollte ich den Oedipus des Sophokles, ganz so wie er ist, blos allein die Chorgesänge freier behandelt, auf die Bühne bringen. Für das Weimarische Theater allein möchte ich diese Mühe nicht gern übernehmen.

Noch vor Ablauf dieses Winters verspreche ich Ihnen den Tell, zu dem mich jetzt eine überwiegende Neigung zieht. Dieses Werk soll, hoff ich, Ihren Wünschen gemäß ausfallen, und als ein Volksstück Herz und Sinne interessiren.

Herr D. Stoll aus Wien, ein Sohn des berühmten Arztes, der Ihnen gegenwärtiges überbringt, bat mich um eine Empfehlung an Sie. Es ist ein leidenschaftlicher Freund des Theaters, und wird sich Ihnen durch ein kleines Lustspiel empfehlen, das er nach dem Französischen bearbeitet und auf dem Weimarischen Theater mit großem Glück produziert hat.

Sollen wir Sie denn dieses Jahr auch nicht in Weimar sehen? Ich bin überzeugt, wir würden uns bei mündlicher Mittheilung zu einem schönen Zweck vereinigen.

Von ganzem Herzen der Ihrige

Schiller.