HomeBriefeAn Charlotte v. LengefeldSchiller an Lotte von Lengefeld, 24. Juli 1788

Schiller an Lotte von Lengefeld, 24. Juli 1788

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[Volkstädt 24. Juli Donnerstag 1788.]

Zwischen 5 und 6 werde ich in Kumbach seyn und mich den Gefahren einer Seereise desswegen aussetzen. Hätten Sie im Sinn, Kaffee dort zu trinken und wären früher da als ich, so bitte ich Sie, nicht auf mich zu warten; denn ich bin eben in diesem löblichen Geschäfte begriffen.

Sie haben mir einen Strich durch meine Rechnung gemacht, daß Sie schon diesen Vormittag gebeichtet. Ich bildete mir ein es geschehe erst gegen Abend, wie bey uns, und hatte mir schon vorgesezt, Ihnen mit einer Beicht von meiner Composition aufzuwarten. Ich war eben als Ihr Billet kam, beschäftigt, Ihre Sünden zusammen zu zählen, und hatte schon ein artiges Häuflein beisammen, vorzüglich Unterlassungssünden.

Wie Ihr Billet kam, vermuthete ich, Frau v. Stein sey gekommen.

Hier folgt auch Amalgunde. Ich habe sie doch durchblättert, weil Sie etwas von Hexerey enthält. Es ist eine Quelle darinn; wenn man hineinsieht, erblickt man sich in der Gestalt, die man in der Zukunft haben wird. Einen solchen Spiegel wünscht ich mir auch. Ich möchte gar zu gern wissen, ob gewisse Sachen künftig seyn werden, die mich jezt sehr beschäftigen. Leben Sie recht wohl. Also auf den Abend.

S.