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Schiller an Friedrich Cotta, 18. Mai 1802

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Weimar 18. May [Dienstag] 1802.

Ich habe mit Goethen Ihrentwegen gesprochen und kann Ihnen nun seine bestimmte Meinung wegen der zu verlegenden Werke geben. Es ist durchaus nöthig, daß Sie mit einem bestimmten Entschluß hieher kommen, wie weit Sie mit ihm gehen wollen und Ihnen diesen Entschluß zu erleichtern ist die Absicht meines heutigen Schreibens.

Göthe will aufs nächste Jahr einen Almanach von Liedern, welche zu bekannten volksmäßigen Melodien von ihm gemacht sind herausgeben. Ich habe einen Theil dieser Lieder gehört, sie sind vortreflich und man kann sagen, daß sie die Melodien selbst mit sich erheben und diesen besser sogar anpassen als die ursprünglichen Lieder, zu denen man sie erfunden hatte. Der innre Werth dieses Liederalmanachs, der Nahme Goethens und der Umstand, daß jedermann die Lieder sogleich singen kann, weil die Melodien dazu schon alt und im Gange sind läßt einen großen Absatz dieses Almanachs sicher erwarten. Es wäre also keine Frage, daß Sie ihm die 1000 Rthlr. die er dafür haben will, geben könnten, obgleich viele Exemplare verkauft seyn müßten, ehe die Kosten heraus kämen.

Hiebei aber ist nun eine Bedingung welche mir bedenklich scheint. Goethe will nehmlich, daß Sie auch zwey andere Werke, vielleicht noch mehrere, binnen der nächsten Jahre verlegen, welche bei weitem diesen Cours nicht haben können, und die das Schicksal der Propyläen haben dürften. Das eine davon ist eine Geschichte der Kunst im verflossenen Jahrhundert welche Meier aufgesetzt hat und begleitet von eignen Aufsätzen Goethens. Es läßt sich von diesem Werk etwas wahrhaft vortrefliches dem innern Gehalt nach erwarten, aber die große Frage ist, ob der höchste innre Werth, den doch gewiß die Propyläen haben, auch ein sichres Unterpfand für den Absatz ist. Die Aufsätze in den Propyläen über die alten Mahler u. dgl. zeigen den Geist, in welchem jene Geschichte der Kunst geschrieben seyn wird. Goethe wird zwar diese Schrift noch mit einem sehr merkwürdigen Beitrag begleiten, aus dem er jezt noch ein Geheimniß macht, das ich Ihnen aber, damit Sie alles wissen, im Vertrauen eröfnen will sobald Sie hier sind. Er verlangt ferner nur ein verhältnißmäßiges Honorar für diese Schrift, wird sich aber, wie ich ihn kenne, mit 100 Carolin kaum begnügen.

Nun glaube ich zwar nicht, daß Sie bei diesem Werk in Verlust kommen würden, obgleich ich keinen großen Gewinn voraus sehe; besonders auch darum nicht, weil in den nächsten 6 bis 8 Jahren gewiß seine sämtlichen Werke gesammelt herauskommen, worinn alle jene Schriften wieder erschienen; aber von einem andern Werke, das er gleichfalls von Ihnen verlegt haben will, wenn er Ihnen irgend etwas poetisches zum Verlag geben soll, ist weit mehr zu befürchten. Dieß Werk ist der Cellini, den er, nun vollständig und mit Noten begleitet herausgeben will. Er erkennt zwar, daß er dafür beträchtlich weniger als für ein Originalwerk fodern kann, und nimmt auch darauf Rücksicht, daß Sie ihm für einen Theil desselben in den Horen schon ein gutes Honorar bezahlt haben. Dieses Werk das etwa 1 Alphabeth betragen wird überließ er Ihnen vielleicht um 50 Carolin; aber mit Druck und Papier würde es Ihnen doch auf mehr als 100 Carolin zu stehen kommen, und diese möchten schwer dabei zu gewinnen seyn, da selbst die Horen, zum Theil dieser Cellinischen Aufsätze wegen, von ihrem Absatz verloren haben. Sie würden also den Verlust, welchen Sie bei diesem Werke erleiden können, in den LiederAlmanach einrechnen müssen, und sich folglich wohl fragen, ob jener Almanach unter besagten Umständen eine gute Speculation ist.

Vielleicht könnten Sie aber alle diese Risicos nicht achten, in der Hofnung, sich auf einmal an dem Goethischen Faust für alle Verluste zu entschädigen. Aber außerdem, daß es zweifelhaft ist, ob er dieses Gedicht je vollendet, so können Sie Sich darauf verlassen, daß er es Ihnen, der vorhergehenden Verhältnisse und von Ihnen aufgeopferten Summen ungeachtet, nicht wohlfeiler verkaufen wird, als irgend einem andern Verleger, und seine Foderungen werden groß seyn. Es ist, um es gerade heraus zu sagen, kein guter Handel mit G. zu treffen, weil er seinen Werth ganz kennt und sich selbst hoch taxiert, und auf das Glück des Buchhandels, davon er überhaupt nur eine vage Idee hat, keine Rücksicht nimmt. Es ist noch kein Buchhändler in Verbindung mit ihm geblieben, Er war noch mit keinem zufrieden und mancher mochte auch mit ihm nicht zufrieden seyn. Liberalität gegen seine Verleger ist seine Sache nicht.

So stehen nun die Dinge, und ich war es unserm Verhältnisse schuldig, Ihnen die schwürige Seite dieses Handels vorzustellen, selbst wider meine eigene Wünsche, indem ich gerade diese Schriften, von deren Verlag ich Ihnen abrathe, gedruckt wünsche, weil sie die gute Sache fördern müssen. Aber einen Verleger werden sie ja wohl finden, der sich daran verkauft; nur mein Freund soll nicht darunter leiden.

Wie ich nun glaube, daß Sie Sich mit G. zu explicieren haben, will ich Ihnen mündlich sagen. Er wird Ihrentwegen am Sonnabend nach Himmelfahrt zuverlässig hier seyn.

Und nun leben Sie wohl biß auf Wiedersehen.

Ganz der Ihrige

Sch.