HomeBriefeAn Georg GöschenSchiller an Georg Göschen, 17. Januar 1789

Schiller an Georg Göschen, 17. Januar 1789

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Weimar d. 17. Jenner [Sonnabend] 89.
(Von Göschen’s Hand: empfangen d. 21. do.)

Dank Ihnen liebster Freund für das neulich überschickte. Da die Dukaten hier zu 3 Thaler stehen, so muß einer schon sehr leicht seyn, den ich nicht zu Leipziger Courant ausbringen kann. Auch mit den übersandten Büchern haben Sie mir großes Vergnügen gemacht. Jakobis schönes Produkt kannte ich zum Theile schon; es ist sanft und zart, wie seine Seele. In diesem jungen Schriftsteller, dem Verfasser des Cleomenes haben Sie in Wahrheit eine Eroberung gemacht, und ich stimme von ganzem Herzen in die Erwartungen ein, die Sie sich von ihm bilden und bald wird das gelehrte deutsche Publikum unser Urtheil bestätigen.

Beide Produkte, Cleomenes aber besonders verrathen einen gedankenreichen, gefühlvollen mehr sanften als feurigen Dichter, von dem man sich sehr sehr viel versprechen kann, wenn er vollends gelernt haben wird, mit wenigem viel zu sagen, vieles zu unterdrücken und zu streichen und sich des voltairischen Ausspruchs fleißig erinnern wird, daß man niemals alles sagen soll. In der That ist die Weitschweifigkeit seiner Details mein größter Anstoß gewesen, wiewohl ich gestehen muß, daß diese Weitschweifigkeit bey ihm mehr die Folge eines innern Reichthums, als ein Mangel ist. Starke Leidenschaftliche Schilderungen scheinen ihm nicht gelingen zu wollen, und ich wünsche ihm (weil ich ihm in der That gutes wünsche) daß er diese Stimme des Genius nicht verkennen, und sich in diesem Fache nicht in Gefahr setzen möchte. Aber zum dramatischen Dichter hat er bereits einen biegsamen gefälligen Dialog, schöne Auswahl der Situationen und Coups de Théatre, und eine reiche, freilich jetzt noch etwas grelle Karakteristik. Aber gewiß von allen unsern jungen dramatischen Dichtern darf kein einziger mit ihm concurrieren, und der Weg den er gegangen ist, das Studium der Kunst in den Griechen, muß ihn bey diesen Talenten und ihrem richtigen Gebrauch gewiß endlich zum Vortrefflichen führen.

Ich schreibe Ihnen hier viel über diesen jungen Mann, aber ich gestehe er hat mich interressiert und es sollte mir wehe thun, wenn unser vielköpfigtes Ungeheuer Publikum ihn verkennen sollte. Doch nehme er seinen Muth und seine Critik aus seinem eigenen Kopf und Herzen, und nicht aus dem Urteil der Menge, unsrer Recensenten und Studenten!

Die Fortsetzung des Gsehers für das sechste Heft der Th. sende ich Ihnen hier, und auf den nächsten Donnerstag droht Ihnen noch ein großes Gewitter von Mscprt. Ich muß mich selbst loben, ich war in meinem Leben nie so fleißig wie jetzt, Clubb, Comödie, alles wird hintangesetzt, um Geister zu sehen.

Leben Sie wohl liebster und küssen mir Ihr Jettchen recht herzlich. Nächstens schreibe ich Ihnen auch eine kleine Neuigkeit von mir. Adieu.

Ewig der Ihrige

Friedr. Schiller.