Weimar den 16. April [Montag] 1801.
Ich habe Ihr Paquet zu rechter Zeit erhalten und es an Göthen besorgt. Daß er Ihnen noch nicht geschrieben, müssen Sie seinen vielen Geschäften, und ich darf hinzusetzen, auch seiner Schreibscheu, die er oft nicht zu überwinden im Stande ist, zu rechnen. Indessen weiß ich so viel, daß er gegen alle eingesandte Concurrenzstücke, ohne Ausnahme, (es sind deren 13 gewesen) beträchtliche Einwendungen hat, und daß der Preis nicht wird ausgetheilt werden. Es findet sich allerdings Gutes darunter, aber nicht was man eigentlich verlangt hatte. Ich hatte bey meinem letzten kurzen Aufenthalt in Leipzig gehofft, Zeit zu gewinnen, um Sie aufzusuchen, und unsre noch so junge Bekanntschaft, die mir so angenehm ist fort zu setzen. Aber ich gehörte in diesen zwei Tagen nicht mir selbst an, da eine Gesellschaft von Freunden, die mir von Dresden gefolgt war, über meine Zeit disponirten. Hoffentlich sehen wir Sie bald wieder hier, wo mehr Ruhe bey gewiß nicht weniger Regsamkeit herrscht. Für die beygeschloßnen Zeitungsblätter wie eine Recension meiner philosophischen Aufsätze enthalten, bin ich Ihnen sehr verbunden. Ich habe alle Ursache, mich der guten Meynung des Verfassers für mich und seines gründlichen eingehens in meine Idee zu rühmen. Der Gang unseres Geistes wird so oft durch zufällige Verkettung bestimmt. die metaphysisch-critische Zeitepoche, welche besonders in Jena herrschte, ergriff auch mich; es regte sich das Bedürfniß nach den letzten Principien der Kunst; und so entstanden jene Versuche, denen ich keinen höhern Wert geben darf und will, als daß sie eine Stufe meines Nachdenkens und Forschens bezeichnen, und eine vielleicht nothwendige Entladung der metaphysischen Materie sind, die, wie das Blatterngift, in uns steckt und heraus muß.
Leben Sie recht wohl und schenken auch ferner ein freundschaftliches Andenken etc.
Schiller.