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Schiller an Herzog von Weimar, 8. Juni 1804

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Weimar 8. Juny [Freitag] 1804.

Die gnädigen Gesinnungen, welche Eure Durchlaucht so edelmüthig gegen mich äusern, befreien mein Herz von einer großen Last; denn welches Glück mir auch anderswo mögte angeboten werden, so würde es mir doch immer das schwerste Opfer gekostet haben, wenn es mich aus meinen hiesigen Verhältnissen gerissen hätte. Ihre Großmuth, gnädigster Herr, fixiert nun auf immer meinen Lebensplan. Jedem Gedanken an eine Veränderung kann ich mit frohem Herzen entsagen, ich kann mit freudiger Thätigkeit wirken, weil ich nunmehr im Stande bin, etwas für die meinigen zu thun. Der Grund dazu ist gelegt, ich habe mit den Ersparnissen meines Fleißes angefangen, mein kleines Haus zu erwerben, es wird noch dieses Jahr schuldenfrey und mein eigen seyn. Ich darf Eurer Durchlaucht diese kleinen Details anführen als einen Beweis, daß Ihre edelmüthigen Absichten mit mir und den meinigen nicht unerfüllt bleiben werden.

Und wenn Euro Durchlaucht, wie mir der G. R. v. Goethe sagt, Ihre Gnade für mich noch dadurch vermehren, daß Sie mir erlauben wollen, zuweilen einige Monate in Berlin zuzubringen, so wird es meine Ansichten erweitern und auf meine Arbeiten einen glücklichen Einfluß haben.

Mit gerührtem Herzen erinnere ich mich, daß es jezt zwanzig Jahre sind, dass ich in Mannheim und Darmstadt das Glück hatte, mich Eurer Durchlaucht zuerst zu nahen. Damals empfing ich den ersten Beweis Ihrer Gnade, die sich bis auf den heutigen Tag nie gegen mich verläugnet hat.

Fr. v. Schiller.