HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 26. Dezember 1786

Schiller an Gottfried Körner, 26. Dezember 1786

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Dresden, 26. December [Dienstag] 1786.

Der Stollen sammt seinem magern Collegen ist richtig angelangt, und wir danken schön, freuen uns herzlich der Gewißheit, daß die liebe Minna sich bessert und Ihr alle wohlauf seid. Wir sind’s auch so ziemlich bis auf eine erschreckliche Langeweile. Ich weiß nicht, warum ich den Feiertagen so viel nachfrage; aber ich möchte mich gern auf einige Tage vergessen, und hier ist Niemand, der mir das erleichterte. Vor einigen Tagen besuchte ich die Mlle. Wagner, von welcher und ihrem Vater und Bruder ich Euch ganz erstaunlich viel Schönes schreiben soll. Neumanns haben wir beide auch besucht und werden wahrscheinlich dieser Tage ein Whist dort spielen. Gestern Abend blieben wir zusammen zu Hause und machten Punsch. Heute früh ist Haase bei uns gewesen, der Euch sehr grüßen läßt.

Den Säugling von Stolberg habe ich gelesen und wirklich einige sehr schöne Züge darin gefunden, ganz griechische Simplicität. Wenn das Jagen nach dieser nicht überall so sichtbar wäre, so könnten die Stolbergschen Schriften mir gefallen. So aber muß ich gestehen, daß ich keinen Geschmack daran finde. Darin hast Du recht, daß Phantasie und dichterische Malerei sehr oft die Natur und Empfindung bei ihm verdrängen.

Meine Arbeiten gehen erträglich, nicht so rasch, wie ich wünschte. Ich habe nicht frohe Laune genug, mit Wärme meinem Vorhaben getreu zu seyn. Doch geht es vor sich, und Du könntest immer ein Stück Arbeit gethan finden, wenn Du zurückkommst.

Warum mir Göschen die Thalia noch nicht geschickt hat, kann ich nicht recht begreifen. Erinnere ihn doch daran.

Tausend Grüße an alles, was uns lieb ist. Es ist mir doch sehr lieb, daß zehn Tage seit Eurer Abreise verstrichen sind. Vielleicht schon die Hälfte der ganzen Zeit. Lebe wohl, Lieber! Schreibe mir bald wieder

S.

 

P. S. Deinen Brief hat Huber eben erhalten und wird ihn morgen beantworten. Ich vermuthe, daß er Dir auch die zwei ersten Acte von Jaffier schicken wird. Er läßt herzlich grüßen.

Du bist ja seit Deinem Leipziger Aufenthalt ganz erstaunlich gelehrt worden, sogar Stellen aus dem Horaz!

Kommst Du zu Schreiter, und wie? Von literarischen Freunden ist wohl nichts Pikantes in Leipzig? Kommt vielleicht Jünger mit Euch hierher?