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Schiller an Gottfried Körner, 31. August 1789

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Jena, 31. August [Montag] 1789.

Es freut mich herzlich zu hören, daß Ihr glücklich angekommen seid – und für die Freude, die Ihr mir durch das Wiedersehen gemacht habt, nehmt noch einmal meinen freundlichen Dank. Euer Bild ist wieder lebhaft in mir worden, durch das Sehen; denn immer behilft man sich doch schlecht mit der bloßen Erinnerung. Was wir im stillen Umgang mit einander hätten abthun können, war bei diesem geräuschvollen und eiligen Zusammenseyn freilich nicht möglich. Wir schieden fast wie im Traume auseinander, und ich hätte Dir tausend Dinge noch gern gesagt, die mir zu spät oder zu früh einfielen.

Hier zu Lande hat sich indessen das verändert, daß Herder nun in Weimar bleibt, mit dem Charakter und der Function eines Vice-Consistoralpräsidenten und vierhundert Thalern Zulage. In allem soll er jetzt über zweitausend Thaler stehen. Wie oft er predigen will, ist in seine Willkür gestellt, und die kleineren, nicht viel eintragenden Amtsgeschäfte sind ihm auch abgenommen.

Wie eifrig Du auf Deinem Vorsatz, in Weimar Dienste zu nehmen und Staatsbürger zu werden, beharren wirst, bin ich sehr begierig zu beobachten. Voigt vergißt den erhaltenen Wink zuverläßig nicht, denn er hat mich schon in Weimar über allerlei Details von Dir ausgefragt, und auch im königlich sächsischen Adreßkalender sich sehr nach Dir umgesehen. Ich hätte Dir noch allerlei Dinge über diesen Punkt zu sagen, und ich muß es auch noch; heute habe ich weder den Verstand noch die Zeit dazu.

Gestern habe ich Dich von einem Menschen, dessen ganze Existenz Dir vielleicht nicht mehr erinnerlich, und der aus Deiner Verwandtschaft ist, sehr müssen anklagen hören, daß Du ihn ganz und gar ignorirt habest. Es ist der Professor Müller, ein guter Freund und Verwandter Deines Vaters, und ein gewaltiger Verehrer von ihm. Daß Du ihn übergangen hast, kann er Dir nicht verzeihen – und mir selbst thut es leid, daß ich gar nichts von diesem Verhältnisse wußte; denn ich möchte ihn nicht gern vor den Kopf gestoßen wissen, weil er mein Specialcollege in der Geschichte und zugleich Aufseher der Bibliothek ist, der mir Dienste thun oder versagen kann. Bertuch ist gestern hier gewesen, und hat mir aufgetragen, Euch an drei gegebene Versprechen zu erinnern. Das eine betrifft gewisse papierne Lampen, die der Herzog zu haben wünscht. Ihr möchtet sie ja mit dem Baldigsten übermachen und Euch an die Fracht nicht stoßen, sondern geradezu auf die Post geben. Das zweite betrifft Zeichnungen für das Modejournal – und das dritte weiß der Himmel, das habe ich vergessen. Es ist aber auch von dem Schlage. Inliegenden Brief sei so gut an M. zu besorgen. – Nun Adieu. Den versprochenen philosophischen Brief vergesse ich gewiß nicht, aber so schnell dürfte es damit nicht gehen; denn Du weißt, was mir meine Philosophie gewöhnlich für Mühe kostet. Grüße Minna und Dorchen, und der Himmel schenke Euch noch lange so schöne Tage für Euer Leben auf dem Weinberg. Dein

Schiller.

Das Geld habe ich richtig erhalten.