HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 22. September 1787

Schiller an Gottfried Körner, 22. September 1787

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Weimar, 22. September [Sonnabend] 1787.

Hoffentlich, Lieber, haben Dich, wenn Du meinen Brief erhältst, Zeit und Nachdenken von der Muthlosigkeit geheilt, die in Deinem letzten Briefe so sichtbar gewesen ist. Du bist in einer zweifelhaften Erwartung betrogen worden – Wer ist es nicht schon? Oder glaubtest Du eine Ausnahme unter den vielen Menschen seyn zu dürfen, denen ihr Bischen Brod noch sauer gemacht wird? Du hast für die ganze Sache blutwenig Zeit oder Mühe verloren. Du hast dieses Schicksal mit allen gemein, die sich um einen Dienst bewerben; und eine Besoldung von 1000 Thalern darf einem immer etwas schwer gemacht werden. Ich würde anfangen müssen zu glauben, daß Du eitel oder stolz bist, wenn Du Dir einbildetest, daß Du Ursache hättest zu schmollen. Die Art, wie es ging, setzt Dich weder in Deinen noch fremden Augen herunter.

Die Verbesserung Deiner Umstände, so nothwendig sie auch ist, kannst Du noch immer mit Muße abwarten; vorausgesetzt, daß Du fortfährst, in Deinem Fache zu einer Vollkommenheit zu streben. Schriftstellerei hat, außer der Publicität, die sie Dir giebt, noch den Nutzen für Dich, daß sie Dich mit Deinem Fache bekannter und in der Methode philosophischer macht. Durch sie wirst Du gezwungen, das Schwere und Gothische darin zu simplificiren, und dieses wird Dir helfen, in wirklich praktischen Geschäften schneller orientirt zu seyn. Deine Consistorial- und Commericenarbeiten geben Dir indessen Schulübungen an die Hand, Dich zu einem Geschäftsmann heranzubilden – gelegentlich auch Dich als einen solchen zu accreditiren. Du hast also so gar viel Ursache nicht, unzufrieden oder verzagt zu seyn. Vielmehr es ist die Frage, ob Du übers Jahr nicht fähiger bist, Dich als Hofrath zu empfehlen, Dich in diese neue Laufbahn zu schicken, als Du es dieses Jahr würdest gewesen seyn.

Ueber Deine Oekonomie will ich Dir nicht schreiben. Was ich hierüber allenfalls auf dem Herzen habe, will ich lieber mit unseren Weiberchen abhandeln; mit diesen, glaub ich, kann ich mich besser verständlich machen. Soviel siehst Du ein, daß seither – welches von uns allen gilt – wenig gehandelt und viel geschwelgt worden ist. Auf diese Weise kann es nicht anders kommen. Wären die Zeiten, wo wir nichts thaten, unsere glücklichsten gewesen, so möchte es allenfalls noch hingehen; aber unsere glücklichsten, wie ich mich erinnere, waren die, wo wir beschäftigt waren. Ich habe mich hierin aus einer Philosophie dringender Nothwendigkeit etwas gebessert. Jetzt kannst Du es noch aus freiwilligem Entschluß, und ich brauche Dir nicht zu sagen, was Du Dir schuldig bist.

Wenn wir jetzt anfangen, nach Einsicht des Bessern zu handeln, so können wir sagen, die vergangene Zeit sei eine unvermeidliche Epoche gewesen, diese Revolution aus unserem Verstande herauszuentwickeln und vorzubereiten. Thun wir es nicht, so hat uns diese Epoche an unserem Wesen geschadet, und wir sind wirklich kleiner geworden.

In Deinem nächsten Briefe, Lieber, erwarte ich einen gefaßten, muntern Ton. Kleinmuth kannst Du allenfalls mir vergeben, ich Dir schon weniger; denn Du bist von jeher männlicher gewesen.

Lebe wohl. Von mir habe ich Dir gar nichts Wichtiges oder nur Interessantes zu schreiben. Ich arbeite stark an der niederländischen Rebellion, und mit einigem Vergnügen. Meine Besuche sind jetzt nur auf Bode, Knebel und auf einige Weiber, Deine Schröder zum Beispiel, eingeschränkt. Des Tages bin ich 10 Stunden zu Hause. Schon seit 10 Tagen finde ich mich nicht recht wohl, doch zur Noth gehen meine Arbeiten fort. Grüße die anderen herzlich von mir. Laß mich bald etwas Angenehmes von Euch hören. Eure Freuden sind die besten unter den meinigen. Charlotte grüßt. Lebe wohl.

S.