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Schiller an Charlotte Schiller, 1. Juni 1800

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Ettersburg 1. Jun. [Sonntag] 1800.

Ich komme eben von einem kleinen Spaziergang im Walde nach Hause, wo mich der Regen vertrieben und finde Deinen Brief. Ich beklage, daß Du Dich so einsam findest, mir geht es auch so und in den Stunden, wo ich nicht arbeite, fühle ich die Leere um mich herum sehr. Meine Arbeit rückt übrigens zu ihrem Ende, und wenn man bei solchen Arbeiten nicht gerade durch Kleinigkeiten chicanirt würde, deren Schwürigkeiten niemand einsieht und einem also auch die Mühe nicht dankt, so könnte ich Morgen fertig seyn. Ist es dir aber angenehm, so könntest Du mich ja Morgen Mittag besuchen und mit dem kleinen Volk und das Karlinchen mitnehmen. Du träfst etwa gegen 12 Uhr ein und wir blieben zusammen biß um 6 Uhr Abends. Ich schickte meine entbehrlichen Sachen mit zurück und folgte in einigen Tagen vielleicht zu Pferde nach. Ich will auf jeden Fall die Oberförsterischen darauf bereiten, weil mir Dein Kommen wahrscheinlicher ist als das nicht. Es ist auch möglich, daß ich ganz mit zurückgehe, daher Du suchen mußt (wenn das Karlinchen mit kommt) einen geräumigen Wagen zu bekommen.

Adieu liebes Herz. Wir sehen einander also wahrscheinlich morgen. Solltest Du nicht kommen können und es zeitig genug wissen, so findet sich wohl ein Bursche, durch den Du mirs aber noch vor 9 Uhr kannst zu wissen thun.

Adieu.

Schiller.