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Schiller an Ferdinand Huber, 23. August 1790

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Jena den 23. Aug. [Montag] 90.

Du sammelst feurige Kohlen auf mein Haupt. Wahrhaftig ich bin ein Sünder gegen Dich und meine Sünde ist größer als daß sie mir vergeben werden kann. Einem Bräutigam und ganz frischen Ehmann hattest Du immer einige Nachläßigkeit können paßiren laßen, aber von einem halbjährigen Ehmann gilt das wohl nicht mehr. Du siehst übrigens daraus mein lieber, daß mich der Ehestand ganz so gelaßen hat, wie ich war.

Übrigens dachte ich Deiner sehr oft und mit herzlicher Sehnsucht, Dich wieder zu sehen, mit Dir auch die schönere Epoche meines Lebens zu theilen, wie Du manche finstre Stunde mit mir theiltest. Ich hatte mir wohl in schwärmerischen Augenblicken ein schönes Ideal von Lebensfreude in diese Lebensperiode hineingeträumt aber wenn ich bedenke, wie viel alle diese Schöpfungen der Phantasie in der Wirklichkeit verlieren, so muß ich den freundlichen Genius meines Lebens bewundern, der mir mein Ideal von häußlichem Glücke so unverfälscht und so lebendig erfüllt hat. Mit jedem Tage verjüngt sich dieses Gefühl der Freude in meinem Herzen, und die glückliche Existenz eines holden lieben Wesens um mich her, deßen ganze Glückseligkeit sich in die meinige verliert, verbreitet ein sanftes Licht über mein Daseyn. Aber wie kann ich Dir eine Schilderung davon zu geben hoffen? Diese ruhige, diese gleichförmige Glückseligkeit, die sich über alles, was ich vornehme was ich um mich sehe, sanft und still ergießt, kannst Du mir nachempfinden, aber kann ich Dir nicht beschreiben.

Ich hab mir eine Zeitlang Hofnung gemacht, Dich hier zu sehen, aber solange Dein Gesandter nicht zurückkömmt, wirst Du so lange Abwesenheiten wohl nicht wagen können. Möchte ich dich früher besuchen können als Du mich – so brauchtest Du mich hoffentlich in Jena nicht wieder zu besuchen.

Sacontala ist schon gedruckt in dem 10ten Stück der Thalia – dieser Beitrag war mir sehr angenehm und Du wirst Forstern dafür recht viel schönes von mir sagen. Jedes Blatt, das er mir anvertrauen will, soll mir willkommen seyn. Sobald das 10te Heft der Thalia ganz gedruckt ist, so schicke ich dir und ihm Exemplarien.

Ueber das heimliche Gericht höre ich aller Orten sehr viel Lob erheben. Der Coadjutor bewundert es sehr. Warum es auf dem Theater Deine Erwartungen nicht erfüllt hat, wird Dir jetzt wohl ziemlich deutlich seyn. Ich habe es früher vermuthet als Du es konntest, denn die vielen Erfahrungen, die ich über diese Sache habe machen können, haben mich auf Untersuchungen der Ursachen geführt.

Was beschäftigt Dich jetzt? In welchem Element muß man Dich suchen? Ich wünschte sehr, den Gang Deines Geistes zu verfolgen.

Mein Schwager hat mir viel von Dir erzählt. Ihr habt einander auf eine lustige Art kennen lernen. Der Coadjutor wird wahrscheinlich in der ersten Woche Septembers in Frankfurth seyn. Unterlaß nicht ihn zu sprechen und empfiehl mich ihm. Ich schreibe Dir schneller wieder als Du denkst. Leb wohl.

Dein S.