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Schiller an Wilhelm Reinwald, 24. April 1788

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Weimar d. 24. April [Donnerstag] 1788.

Dank Dir liebster Bruder für Deinen lezten Brief, und die Nachrichten, die du mir darinn gegeben hast. Was die Schweinfurther Anfrage anbetrifft, so hast Du sie in Deinem Briefe auch schon für mich beantwortet. Es ist eine Sache für die ich in keiner Rücksicht gemacht bin, wie Du selbst am besten eingesehen hast. Mich wundert übrigens nicht wenig, wie es hat möglich seyn können, daß man mich und ein solches Etablissement auch nur zusammen gedacht hat. Wenn Du den Schlüßel zu diesem Räthsel ausfindig machst, so theile ihn mir doch mit. Ich vermuthe, daß es sehr unterhaltend seyn wird. Ich ein Rathsherr! – Die Leute müßen nicht just im Kopfe seyn. Wenn sie mich wirklich dazu machten, so würden sie über ihr eigenes Werk erschrecken und die Hände über dem Kopfe zusammenschlagen.

Laß mich bald etwas von Deiner Verschwörung lesen (die Revolution in Rußland wird durch keine Zeitung bestätigt, sie ist also leider für unser Cabinet verloren). Meinen Geisterseher sollst Du in nächster Woche fortgesetzt erhalten. Die Bibliothekbücher brauchst Du doch noch nicht? Sie sind mir noch sehr nützlich.

Euren Herzog habe ich hie einmal besuchen müßen; er war in unserm Clubb und lud mich ein; auch sonst hab ich ihn mehrmal gesprochen.

Du hast doch den Leipziger Messcatalogus gelesen? fünf und zwanzig Bogen stark! So stark war er noch nie. Was für Aspecten für unsere Vaterländische Litteratur! Auch ich hab ihn mit einigen Artickeln vermehrt, wie Du finden wirst.

Fr. v. K. hat mit großer Bewunderung von den Schülerinnen Deiner Frau gesprochen; sie findet, daß sie ein vorzügliches Talent zum Unterrichten haben muß, weil diese es in kurzer Zeit so weit bey ihr bringen konnten.

Von Hause habe ich keine Nachrichten; ich habe vor ohngefähr 6 Wochen geschrieben. Es geschieht sonst selten, daß ich derjenige bin, dem man Briefe schuldig ist, aber dißmal ist es doch der Fall. Habt ihr unterdeßen welche bekommen, so theile sie mir mit.

Lebe wohl liebster Bruder. Ich umarme Dich und meine Schwester von Herzen.

Der Deinige Schiller.