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Charakterisierung des Verrina aus Schillers »Die Verschwörung des Fiesco zu Genua«

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Fiesco gegenüber steht Verrina, der Graukopf mit stürmenden Jugendideen. Verrina ist eine echt markige Gestalt aus den letzten Zeiten der römischen Republik, wie sie Schiller aus seinem Plutarch vorschweben mochte. Freilich nimmt sich diese antike Figur im Genua des 16. Jahrhunderts wie ein seltsamer Anachronismus aus. Aber was verschlägt das dem jugendlichen Dichter, hatte doch bereits ein Lessing in seiner Emilia Galotti mit dem alten Odoardo die Gestalt des Virginius heraufbeschworen und konnte er doch durch Verrina seiner Tragödie einen idealen Gehalt geben.

Verrina ist ein starrköpfiger Republikaner. Als der letzte seines Geschlechts frei von jeder Veranlassung zu eigennützigen Bestrebungen, hat er nichts als das Wohl seines Vaterlandes im Auge. Die Befreiung desselben ist sein Ziel, das er wie Fiesco, in seiner Brust verschließt. Aber nicht durch List, sondern durch einen entscheidenden Schlag will er es erreichen. Sein Knie mag er vor niemanden beugen, aber den offenen Aufruhr, der die beiden Doria stürzen soll, hält er für eine ehrenwerte Tat. Stimmt er als republikanischer Theoretiker auch nicht mit dem mehr praktischen Fiesco überein, hat er doch wie dieser eine den Italienern eigentümliche Vorliebe für theatralische Effekte. Darum trägt er seinen Schmerz über die in den letzten Zügen liegende Republik in einem Trauerflor zur Schau. Darum auch der Fluch über seine Bertha, der die Verschworenen zu mutigem Handeln antreiben soll. Darum das Gemälde mit der Tat des Appius Claudius, durch dessen Anblick er den Fiesco für seinen Plan begeistern will. Darum die Wahl des schauerlichen Orts, wo er dem Bourgognino eröffnet, dass Fiesco durch seine Hand sterben müsse. Auch Verrina hält sich (III, 1) für den „einzigen großen Mann“ in Genua, denn er bleibt seiner Freiheitsidee treu. Darum glaubt er sich berechtigt, Fiesco untreu zu werden und mit dessen Sturz das Vaterland zu retten.